Gleich doppelter Grund zum Feiern
Domdechant Kleine nahm am Sonntag 54 Nachwuchssängerinnen und -sänger in die Chöre am Dom auf und Dompropst Bachner würdigte Domkantor Sperling für seinen 25jährigen Dienst am Dom
Ein Jahr lang haben sich die 29 Mädchen und 25 Knaben auf diesen Tag vorbereitet und auch den finalen Aufnahmetest erfolgreich bestanden, wie Domkapellmeister Eberhard Metternich vor der Gemeinde öffentlich erklärt. Nun gibt die insgesamt 54köpfige Nachwuchsriege des Kölner Domchores und des Mädchenchores am Kölner Dom Domdechant Robert Kleine feierlich ihr Versprechen ab, in Zukunft gewissenhaft, zuverlässig und ehrfürchtig ihren Dienst in der Domliturgie zu versehen - „zur Ehre Gottes und zur Freude der Menschen“.
Es ist ein aufregender Moment für die Neun- und Zehnjährigen, die zunächst in festlicher Prozession für dieses offizielle Zeremoniell durch den Mittelgang der Kathedrale in den Altarraum eingezogen sind und dabei das für das traditionelle Aufnahmeritual obligatorische „Tria sunt munera“ gesungen haben. Nach zwei „Testdurchläufen“ im vergangenen Sommer und dann noch einmal im November werden sie nämlich jetzt immer – jeweils im Wechsel - den Platz auf dem Chorpodest im südlichen Seitenschiff des Kölner Domes einnehmen und fester Bestandteil der Hoch- und Pontifikalämter sein. Dafür stehen die Schülerinnen und Schüler der vierten Klassen – die meisten von ihnen kommen aus der Kölner Domsingschule - mit ihrem Namen ein; denn jeder wird einzeln aufgerufen, tritt einen Schritt nach vorne und macht eine kleine Verbeugung. Für diese neue Aufgabe, mitverantwortlich für die Musik während der Domliturgie zu sein und die älteren Sängerkolleginnen und -kollegen beim sonntäglichen Kapitelsamt gesanglich zu unterstützen, haben sie bereits im B-Chor immer wieder fleißig mit den Chorleitern Eberhard Metternich und Oliver Sperling geprobt. Und ganz nebenbei schließlich auch die Regeln, die gemeinschaftliches Singen bei den Werktagsproben erforderlich macht, sowie die notwendige Disziplin bei offiziellen Anlässen, damit der Hörgenuss im Ernstfall auch etwas fürs Auge ist.
Natürlich war den kleinen „Hoffnungsträgern“, wie Metternich sie liebevoll nennt, nun beim großen Auftritt mit der „Messe solennelle“ von Louis Vierne auch anzumerken, dass es schon eine gehörige Portion Mut braucht, in der ersten Reihe für alle sichtbar zu stehen und den musikalischen Anforderungen einer solch anspruchsvollen Komposition in lateinischer Sprache gewachsen zu sein. Immerhin konnten sich auch Metternich und Mädchenchor-Assistentin Helena Wery sowie Sperling und Domchor-Assistent Patrick Cellnik bei der bewusst doppelchörigen Aufstellung im Süd- und Westseitenschiff zu Großteilen nur über Sichtkontakt verständigen. Das bedeutete - wie immer bei der Aufführung dieses Werkes - eine zusätzliche Herausforderung. Denn erfahrungsgemäß macht es die Akustik des Domes unmöglich, sich allein aufs Hören zu verlassen.
„Da muss es schon ganz genau stimmen, wenn zwei so große Chöre von unterschiedlichen Orten aus gemeinsam musizieren“, erklärt Domkantor Sperling. „Allerdings haben wir bei dieser Form der Verständigung mittlerweile auch viel Erfahrung miteinander und kennen uns gegenseitig gut. Das Dirigat muss absolut eindeutig sein. Die beiden Organisten, die Vierne bei dieser Messe vorgesehen hat, erhalten bei uns im Dom das Dirigat per Kamera auf einem kleinen Monitor und den Klang der Chöre per Mikrophon über einen Lautsprecher - etwas direkter als über die Raumakustik.“ Das erfordere von allen viel Konzentration. „Aber das Ergebnis zeigt, dass ein solches Werk in Köln nicht nur machbar ist, sondern hervorragend in diesen Raum und in die Liturgie passt“, sagt Sperling. Auch die Kinder hätten ihren Part wunderbar bewältigt und seien am Sonntag „super gut drauf“ gewesen, lobt Domkapellmeister Metternich später die eigentlichen Protagonisten des Tages. „Sie waren beim offiziellen Teil sehr konzentriert und ernsthaft bei der Sache.“ Beeindruckend sei auch für ihn immer wieder, wie gut das Zusammenspiel von diesen zwei großen Chören und den zwei Organisten funktioniere. „Letztlich ist die cis-Moll-Messe von Vierne ideal für die akustischen Herausforderungen und die spezifischen Möglichkeiten des Kölner Domes.“ Sie zu singen bereite sogar den Kleinsten sehr viel Spaß.
Jungen Menschen Freude an der Chormusik zu vermitteln und sie jeden Tag neu dazu zu motivieren gehöre zu den wesentlichen Aufgaben Oliver Sperlings. Mit dieser Feststellung leitete Dompropst Gerd Bachner - im Namen des gesamten Domkapitels, wie er ausdrücklich betonte - zu den Glückwünschen für den Leiter des Mädchenchores am Kölner Dom über, der an diesem Tag sein 25jähriges Dienstjubiläum bei der Kölner Dommusik feierte. Gott sei Dank habe ihn sein Weg damals nach Köln geführt, wo er nun vor 20 Jahren den Mädchenchor übernommen habe, unterstrich Bachner in seiner Ansprache und stellte mit einem Hinweis auf das seit 1998 fest in der Domliturgie etablierte Pilgerlied „Gottes Stern, leuchte uns…“ und der 2010 für einen römischen Kongress geschriebenen „Missa de angelis“ besonders auch das kompositorische Wirken des Dommusikers heraus. „Das Herzstück Ihrer Arbeit aber bleibt der Mädchenchor, der sich unter Ihrer Führung zu einem der führenden nationalen und internationalen Kathedralchören entwickelt hat“, wandte sich der Propst an den langjährigen Mitarbeiter der Dommusik. Das konstant hohe Leistungsvermögen dieses Ensembles spiegele sich in der wiederholt erfolgreichen Teilnahme an deutschen und internationalen Chorwettbewerben sowie bei Konzertreisen - auch in andere Kontinente - wieder.
In den letzten 25 Jahren hätten Domkantor Sperling auch die Türen zu einer Berufung als Domkapellmeister in einem anderen Bistum offen gestanden. „Ich bin froh und dankbar, dass Sie aber nicht einen anderen Weg gegangen sind und sich in und für Köln dem Dom und unserer Dommusik verbunden wissen“, so Bachner wörtlich, der dem 50-Jährigen für seinen „kompetenten und engagierten Einsatz in 25 Jahren“ dankte. Die Musik in der Feier der Eucharistie sei ein unverzichtbarer Bestandteil der Liturgie der Kirche und wesentlich auch ein Dienst der Verkündigung. „Damit führen Sie junge Menschen durch die Musik an die Liturgie und an die Begegnung mit dem lebendigen Gott heran, so dass sie diesen Gott als Stütze, Halt und Wegweisung erfahren dürfen.“
Beatrice Tomasetti