„White Christmas“ zwischen Glühwein und Kunsthandwerk
Die Jazz-Band der Kölner Dommusik tritt am Montag auf dem Roncalliplatz auf
In ihren Anfängen führte sie zunächst ein Schattendasein. Doch mittlerweile hat sich die Jazz-Band zu einem selbstbewussten und anerkannten Mitglied der vielen unterschiedlichen Instrumental- und Sängerensembles innerhalb der Kölner Dommusik emanzipiert. Mit ihrem ersten Auftritt bei der Nikolausfeier der A- und B-Chöre im vergangenen Jahr – andere offizielle Darbietungen hatte es schon zuvor bei Chorfesten oder dem alle drei Jahre stattfindenden Familienausflug gegeben - ist sie nun auch endgültig im Kardinal-Höffner-Haus salonfähig geworden und hat gerade in der Altersgruppe der 13- bis 18Jährigen ihre ausgemachten Fans. Der begeisterte Applaus damals war nur ein Indiz dafür.
Nun darf sich die Band über einen zusätzlichen Erfolg freuen: Am kommenden Montag tritt sie erstmalig und gleich sehr öffentlichkeitswirksam auf der Bühne des Roncalli-Platzes auf und wird verjazzte amerikanische Weihnachtslieder, wie „White Christmas“ oder „Jingle bells“ spielen; ein gefälliges Swing-Programm, das Gisbert Brandt, der Leiter der Jazz-Band, eigens mit den jungen Musikern für diesen Anlass zusammengestellt hat und das noch um so manchen Ohrwurm und allgemein bekannten Jazz-Klassiker ergänzt wird. Mit dem vom Veranstalter geforderten Demo-Tape hatte die Bewerbung der Nachwuchs-Combo ganz offensichtlich mühelos überzeugt, und so war den Ursulinen-Schülerinnen und ihren männlichen Kollegen von der Liebfrauenschule, dem Apostelgymnasium und dem Hildegard-von-Bingen-Gymnasium sehr schnell der Zuschlag bei diesem recht anspruchsvollen Auswahlverfahren sicher gewesen.
Ihre Ursprünge hat diese Instrumentalgruppe in einer Big-Band, der Anfang der 90er Jahre zunächst nur Eltern und ein paar wenige Lehrer der Kölner Domsingschule angehörten. Es war Brandt, der als langjähriger Musiklehrer der Schule die Idee hatte, auch Kinder – gewissermaßen als Ergänzung zu den vielen Ausbildungsangeboten in klassischer und liturgischer Musik – auf einem zunächst niederschwelligen Niveau mit Jazz in Kontakt zu bringen. Dazu gründete er 2002 eine „Blues-Band“, die für die aktiven Chorsängerinnen und Chorsänger der 5. und 6. Jahrgangsstufen erste Grundkenntnisse dieser speziellen Musiksparte vermitteln sollte. „Vorher fehlen einfach noch die technischen Voraussetzungen dafür“, argumentiert der Pädagoge. Denn Jazz sei gehobene Improvisationskunst. Aber mit drei Akkorden, auf denen der Blues aufbaue, könne man selbst als Anfänger schon so einiges zustande bringen. Und darum geht es Brandt vor allem mit seiner Initiative: nämlich den Kindern die Scheu nehmen, selbst kreativ zu werden und sich in der Kunst des Improvisierens auch mal auszuprobieren. „Wenn man Kindern die Noten wegnimmt, kann es für manch einen schwierig werden, weil dann etwas fehlt, woran er sich halten kann. Im Jazz dagegen braucht es eigentlich nur Spontaneität und Selbstvertrauen, um etwas Eigenes aus Tönen zu machen. Das heißt, man hat unklare Verhältnisse, mit denen man arbeiten muss, und bringt sie letztlich dann doch wieder mit einer Art Regelwerk in eine Form.“
Brandt hat aus seiner eigenen Leidenschaft fürs Improvisieren mittlerweile Kapital geschlagen - zugunsten eines erweiterten Angebots der Dommusik. Denn inzwischen gibt es längst auch für die älteren und fortgeschrittenen Jazz-Fans ein praktisches Betätigungsfeld: Auf der Blues-Band baut konsequent die Jazz-Band für Jugendliche ab der achten Klasse auf; diese besteht zurzeit aus einem festen Kern von acht Mitgliedern - zuzüglich eines größeren Pools unterschiedlichster Instrumentalisten und Sängern, aus dem bei Bedarf geschöpft werden kann; außerdem ist der Musikpädagoge dafür immer wieder auf Talentsuche. Und dann gibt es noch die „Los Krawallos“, eine altersgemischte Gruppe, die sich traditionell im Vorfeld von Karneval trifft und dann bei den Schull- und Veedelszöch mit von der Partie ist. Da brauche es nochmals ein ganz anderes Durchhaltevermögen, wenn die Musiker auf dem Wagen mit 1000-Watt-Verstärkern alte kölsche Karnevalslieder verjazzen würden, lacht der Bandleader.
„Eigentlich machen wir etwas, das als sogenannte ‚Swing-Musik’ unserer Eltern und Großeltern bekannt geworden ist“, erklärt Brandt, der selbst auf diesem Gebiet als Autodidakt angefangen hat und in allen drei Bands am Keyboard sitzt. „Das kann ein gutes Gegengewicht zu der sonst bei uns üblichen Musik sein und die Dommusik bereichern, der wir mit unserem Jazz keineswegs ins Gehege kommen oder gar Konkurrenz machen wollen. Ganz im Gegenteil. Es ist kein Gegenentwurf zu klassischer Musik, kann aber eine sinnvolle Ergänzung zu ihr sein.“ Nach Ansicht des Schulmusikers brauchen Kinder einen solchen Kontrast. Das sei etwas ganz Lebendiges, sagt er, denn letztlich sei Jazz nichts anderes als eine hochstehende Form zwischenmenschlicher Kommunikation. „Man muss einander gut zuhören können und auf das eingehen, was die anderen spielen. Eigentlich ist Improvisieren im Jazz wie ein gut funktionierender Schlagabtausch unter gleichwertigen Partnern.“
Der Auftritt der Jazz-Band - Instrumentalisten, Sänger und eine Rhythmus-Gruppe mit Schlagzeug, Klavier und Bass - beginnt am 7. Dezember um 16.30 Uhr auf der Bühne des Weihnachtsmarktes, Roncalliplatz. Die Leitung des einstündigen Konzertes zum Mits(w)ingen hat Gisbert Brandt.
Beatrice Tomasetti