Jubiläumskonzert mit dem Kölner Domchor
Die Konzertreihe „Geistliche Musik am Dreikönigenschrein“ besteht seit 25 Jahren
Wenn am 9. September im Kölner Dom das Auftaktkonzert des neuen Zyklus „Geistliche Musik am Dreikönigenschrein“ mit dem Kölner Domchor stattfindet, ist es 25 Jahr her, dass diese Konzertreihe für Chormusik von Domkapellmeister Eberhard Metternich und dem damaligen Präses der Chöre am Dom, Domvikar Christoph Biskupek, begründet wurde. Ziel war, neben den bereits seit vielen Jahren etablierten Orgelfeierstunden auch eine eigene Reihe für Chormusik ins Leben zu rufen, um den Chören des Domes, aber auch auswärtigen Ensembles von nationalem und internationalem Rang Gelegenheit zu geben, Chormusik über die Liturgie hinaus zu präsentieren.
Denn nicht jede geistliche Musik, die zwar einst für den Kirchenraum geschrieben wurde, ist von ihrer Aufführungsdauer her beispielsweise für ein sonntägliches Hochamt oder andere festliche Gottesdienste geeignet. Ein eigenes „Forum“ dafür zu schaffen, war demnach eine absolute Neuerung, zu der das Domkapitel damals seine Zustimmung geben musste und die zeitlich von ihm auch erst einmal auf zwei Jahre begrenzt wurde. Denn Konzerte in der Kathedrale, wie sie heute regelmäßig stattfinden und sich zudem als feste Größe im Kölner Kulturleben etabliert haben, waren seit Kriegsende bis zu diesem Zeitpunkt nicht vorgesehen. Allenfalls musikalische Andachten mit liturgischer Musik, die aber die strikte Ausnahme blieben.
Es war die Idee Metternichs, den mittelalterlichen Hochchor, in dem damals nur ab und zu Gottesdienst gefeiert wurde, mit der neuen Reihe geistlicher Konzerte für ein breiteres Publikum zu öffnen. Doch zunächst unter Absperrung des Chorgestühles, das auf Wunsch des Kapitels weiterhin ausschließlich dem Klerus vorbehalten bleiben sollte. Was erst einmal Experimentiercharakter hatte, entwickelte sich aber zusehends zu einer Erfolgsgeschichte: Die Kölner goutierten das neue Angebot im Kölner Dom, so dass die Chorkonzerte am Dreikönigenschrein schnell eine hohe Akzeptanz erreichten und bis heute ihr Stammpublikum haben. „Es ist das Zusammenspiel von Musik und Raum, das – noch einmal anders als bei den Orgelfeierstunden, die längst so etwas wie Kultstatus haben – einen deutlich intimeren Rahmen für geistliche Musik in der Hohen Domkirche liefert“, sagt Domkapellmeister Metternich. „Das Spektakuläre an sich ist allein schon der Raum, der dann noch zusätzlich an Attraktivität durch die dargebotene Musik gewinnt. Trotzdem ist uns gleichzeitig immer bewusst, dass wir auch als Sänger und Instrumentalisten in einem solchen Moment heiligen Boden betreten und mit unserer Musik zu einer ganz eigenen Raum- und möglichen Gotteserfahrung beitragen können.“ Das gelte es stets zu respektieren.
1991 startete der Kölner Domchor, der damals noch einzige Chor am Kölner Dom, die „Geistliche Musik am Dreikönigenschrein“ mit einem Programm unter dem Titel "Da pacem, Domine". Aktuell beeinflusst durch den Golfkrieg, nahm auch damals schon die Bitte um Frieden Einfluss auf die Musik, die der Kölner Domchor gerade einstudierte. Bis heute ist sie allen Verantwortlichen in der Kölner Dommusik ein wichtiges Anliegen geblieben. Daher findet unter der gleichen Überschrift „Gib Frieden, Herr“ auch das diesjährige Jubiläumskonzert statt, dessen Leitung Eberhard Metternich und sein Assistent, Patrick Cellnik, übernehmen. Es erklingen unter anderem Werke aus dem Gregorianischen Choral, von Heinrich Schütz, Knut Nystedt, Kurt Hessenberg und Mendelssohn-Bartholdy. In der Mitte des musikalischen Programms stehen "Gedanken aus Musik und Zeit", die – ebenfalls wie vor 25 Jahren – Pfarrer Biskupek übernehmen wird. Und so kehrt der einstige Mitbegründer dieser beliebten Einrichtung, der heute Pfarrer in Erkrath-Hochdahl ist, zur Freude des Veranstalters für diesen Abend noch einmal an seine alte Wirkungsstätte zurück und spricht einen meditativen Impuls.
Musikalische Höhepunkte hat es bei der „Geistlichen Musik am Dreikönigenschrein“ in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten immer wieder gegeben: Gastchöre aus den USA, Kanada, Spanien, Russland, Polen, Lettland, Schweden, Finnland, Italien, Frankreich oder die Päpstliche Cappella Sistina aus Rom dienten den heimischen Chören immer auch zum Kulturaustausch – gleichzeitig mit dem Anspruch, voneinander zu lernen und den eigenen Erfahrungshorizont zu erweitern. Bestritten in den ersten Jahren noch deutlich mehr auswärtige Chöre die etwa zehn bis zwölf Chorkonzerte jährlich, sind es heute mehrheitlich die eigenen Chöre am Dom, die mit ehrgeizigen A-Capella-Programmen oder Orchestermessen und Oratorien bei dieser Konzertreihe von sich reden machen.
Auch in der neuen Saison erwarten die Musikliebhaber geistlicher Chormusik wieder große Werke: am 29. September die Missa Solemnis von Beethoven mit dem Vokalensemble Kölner Dom als traditionell großes Domkonzert in Kooperation mit dem Gürzenich-Orchester Köln, am 27. Dezember das Weihnachtsoratorium mit der Domkantorei Köln unter der Leitung von Winfried Krane und am 18. Mai das Requiem von Berlioz „Grande Messe des Morts“ op.5, eine Zusammenarbeit zwischen der Dortmunder Chorakademie, dem WDR-Rundfunkchor Köln und dem WDR-Sinfonieorchester unter der Leitung von Jukka-Pekka Saraste; ein Konzert, das der Sender fürs Fernsehen aufzeichnen wird. Auch die anderen Konzerte mit dem Kölner Kammerchor „Fiat ars“, dem Choir of St. Michael’s Cathedral Toronto, mit dem den Domchor eine über Jahre gewachsene Partnerschaft verbindet, mit den Ulmer Spatzen oder dem Mädchenchor am Kölner Dom, der im Vorfeld seiner Chinareise sein Tournee-Programm am Dreikönigenschrein singt, sowie der Beitrag der Domkantorei Köln zur „Kölner Musiknacht“ entsprechen in jeder Beziehung dem von Metternich vorgegebenen Qualitätsniveau. „Es ist gelungen“, zieht Dompropst Gerd Bachner Bilanz, „in unserem Dom eine Konzertreihe zu etablieren, die jedermann zugänglich ist, von daher einen pastoralen Auftrag erfüllt, gleichzeitig höchstem professionellen Standard entspricht und das bei freiem Eintritt.“ Das sei in dieser einmaligen Kombination ein großer Glücksfall.
Beatrice Tomasetti