Großes Domkonzert mit der "Missa solemnis"
Das Vokalensemble Kölner Dom feiert sein 20-jähriges Bestehen mit Beethoven
Unumstrittener Höhepunkt der Reihe „Geistliche Musik am Dreikönigenschrein“ ist in jedem Jahr das „Große Domkonzert“, eine Kooperation zwischen der Kölner Dommusik und dem Gürzenich-Orchester Köln. Diesmal hat Domkapellmeister Eberhard Metternich für das 2010 mit dem damaligen Kölner Generalmusikdirektor Markus Stenz aus der Taufe gehobene Projekt eines der bedeutendsten Werke der geistlichen Musikliteratur ausgewählt: die „Missa solemnis“ von Ludwig van Beethoven.
Unter seiner Leitung singt das Vokalensemble Kölner Dom, begleitet vom Gürzenich-Orchester, am 29. September im Kölner Dom dieses gewaltige Chorwerk, das auch innerhalb Beethovens Gesamtoeuvre einen besonderen Stellenwert hat und parallel zu seiner 9. Sinfonie entstanden ist. Gleichzeitig begeht Metternich mit dem Domkonzert das 20-jährige Bestehen des Chores, den er 1996 als Kammerchor aus Studierenden der Kölner Musikhochschule gegründet hat und der sich neben dem liturgischen Dienst am Kölner Dom auch durch eine rege Konzerttätigkeit im In- und Ausland auszeichnet. Zu den Solisten des Konzertes gehören Julia Kleiter, Sopran, Elvira Bill, Alt, Patrick Grahl, Tenor, und Christof Fischesser, Bass.
Ursprünglich war die „Missa solemnis“ zum Fest der Ernennung des Erzherzogs Rudolph von Österreich zum Erzbischof von Olmütz geplant und von diesem auch in Auftrag gegeben worden. „Der Tag, wo ein Hochamt von mir zu den Feierlichkeiten […] soll aufgeführt werden, wird für mich der schönste meines Lebens sein; und Gott wird mich erleuchten, dass meine schwachen Kräfte zur Verherrlichung dieses feierlichen Tages beitragen“, äußerte Beethoven zu dieser Komposition in einem Brief. Doch der Entstehungsprozess geriet für den Komponisten, der sonst eher wenig geistliche Musik geschrieben hat, zu einer mehrjährigen existenziellen Gottessuche. Die Bischofsweihe musste schließlich ohne Beethovens Messe stattfinden – sie wurde nicht rechtzeitig fertig –, und nach vier Jahren des Komponierens sprengte das 1823 vollendete Werk mit einer Aufführungsdauer von etwa 75 Minuten den kirchlichen Rahmen und wurde zunächst als Konzertstück 1824 in Sankt Petersburg uraufgeführt. Es sollte für den längst ertaubten Künstler, der sich durch den Gehörverlust in seinen letzten Lebensjahren auch mehr und mehr isolierte, seine wichtigste Komposition werden.
Metternich wird die „feierliche“ Messe entgegen gewohnter Aufführungspraxis mit nur 60 Stimmen realisieren; die 45 festen Vokalensemble-Mitglieder werden von 15 ehemaligen unterstützt. Das ist für dieses monumental angelegte Werk, das höchste instrumental- und vokaltechnische Maßstäbe setzt, eine eher ungewöhnliche Größenordnung, der der Dirigent aber dann auch konsequent die Stärke der Pauken und Blechbläser – hier wählt er mit Bedacht Barocktrompeten und -posaunen – anpasst. Doch gerade in dieser bewusst kleinen Besetzung – zumal unter den akustisch besonders anspruchsvollen Bedingungen des Domes – sieht er eine besondere Chance, die spirituelle Feinsinnigkeit von Beethovens Musiksprache herauszuarbeiten. Auf den Überraschungsfaktor dieser musikalischen Dom-Premiere darf man in jedem Fall gespannt sein.
Das Große Domkonzert beginnt am 29. September um 20 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Beatrice Tomasetti