Kölsche Töne in Peking und Shanghai
Der Mädchenchor am Kölner Dom versteht sich bei seiner ersten Asienreise als Kulturbotschafter – Sein Konzertprogramm präsentiert er vorab am Dreikönigenschrein
Etwas Chinesisches ist auch mit dabei – gewissermaßen als Hommage an den Gastgeber. Vor allem aber nimmt Domkantor Oliver Sperling neben bekannten und weniger bekannten A-Cappella-Werken von Bach, Mendelssohn, Verdi, Holst und Mawby auch deutsche Volkslieder und ganz besondere musikalische Grüße von Deutschlands größter Kathedrale mit ins Reich der Mitte. So sind der von Siegfried Strohbach für Oberstimmen komponierte Satz „Der Mond ist aufgegangen“ oder der Klassiker „Am Dom zo Kölle“ in einer Bearbeitung von Sperling ebenfalls im Gepäck der 47 Sängerinnen zwischen 13 und 20 Jahren, die ab dem Beginn der Herbstferien zum ersten Mal den asiatischen Kontinent bereisen.
Auf Einladung des chinesischen Chorverbandes und der Organisation „Palm International Culture Development“ mit Sitz in Chinas Hauptstadt Beijing – so der chinesische Name für Peking – startet der Mädchenchor am Kölner Dom am 7. Oktober zu einer zweiwöchigen Konzertreise durch die Volksrepublik. Dabei werden der Chor und die fünf Begleitpersonen der Kölner Dommusik zu Gast sein in Ningbo, Changsha, Wuhan, Hangzhou, Shanghai und eben Beijing; allesamt bedeutende Metropolen in dem mit 1,37 Milliarden Einwohnern bevölkerungsreichsten Land der Erde. Auch die Namen der Konzertsäle in diesen Großstädten haben internationales Gewicht, wie beispielsweise die „Forbidden City Concert Hall“ in Peking, die „Qintai Music Hall“ in Wuhan oder das „Grand Theatre“ in Ningbo und auch das in Changsha.
„Das Interesse an europäischer und gerade deutscher Chorkultur ist in China sehr groß“, berichtet Chorleiter Sperling, der mit dieser Reise im offiziell ausgerufenen „Jahr des kulturellen Austauschs zwischen Deutschland und China“ vor allem auch dessen Kernanliegen nachkommt und neben fünf Konzerten in schon jetzt ausverkauften Konzerthallen mit je 3000 Sitzplätzen zudem Workshops in unterschiedlichen Schulen geben wird. An manchen Orten findet auch beides statt: Nach der Arbeit mit Schülern der Primar-, Mittel- oder Oberstufe sollen sich die deutschen mit den chinesischen Chorsängern mischen und Gelerntes gleich an Ort und Stelle präsentieren. Denn die Unterrichtseinheiten, so ist es ausdrücklich gewünscht, werden jeweils ein zentrales Element der einzelnen Stationen im Land sein.
„Diese Reise ist für die Mädchen eine großartige Chance, außergewöhnliche Kontakte zu knüpfen und in einen völlig neuen Kulturkreis einzutauchen“, sagt Sperling. „Das ist einfach mit nichts anderem vergleichbar, wenngleich natürlich auch gerade in dieser Begegnung zwischen christlichem Abendland und einer bislang kommunistisch geprägten Wirtschaftsmacht eine besondere Spannung für beide Seiten liegt.“ Das bedeute nicht zuletzt auch eine gewisse Flexibilität, sich mit einer gänzlich anderen Mentalität, Erziehung, Religion und Politik auseinanderzusetzen und vertraut zu machen. „Die Musik ist dabei unser Verbindungsstück – gewissermaßen das geistige Band zwischen unseren beiden so unterschiedlichen Völkern, so dass ich ganz zuversichtlich bin, über gemeinsames Musizieren mögliche Barrieren zu überwinden und eine bereichernde und unvergessliche Lernerfahrung zu machen. Denn in der Weltsprache der Musik haben wir einander ganz sicher viel zu geben.“ Bei den Workshops werde es ebenfalls variable Ansätze geben, sich gegenseitig musikalisch anzunähern. „Bei den Jüngeren werde ich die Arbeit etwas spielerischer angehen; bei den Älteren, schon ausgereifteren Chorsängern wird es darauf ankommen, neben der Stimmbildung der Intonation mehr Aufmerksamkeit zu schenken. In jedem Fall bin ich darauf eingestellt, sensibel wahrzunehmen, was ich sehe und höre, und freue mich schon jetzt auf die Begegnung mit meinen chinesischen Kollegen“, so der Dommusiker.
Einen besonderen Höhepunkt wird es am Ende noch einmal mit dem Residenzkonzert im Generalkonsulat von Shanghai und dem dort geplanten Empfang geben. Und der Besuch der St. Peters Church, wo die deutschsprachige christliche Gemeinde in Shanghai zu Hause ist, die der Kölner Diözesanpriester Pfarrer Michael Bauer leitet, wird den Kölnern zweifelsohne ein Stück Heimat in der Fremde vermitteln. Dieses Finale bildet dann einen attraktiven Schlusspunkt nach einer 14-tägigen Entdeckungsreise, bei der neben dem anspruchsvollen musikalischen Programm auch das attraktiv vom Veranstalter zusammengestellte Besichtigungsprogramm nicht zu kurz gekommen sein wird. Denn natürlich ist auch die Besichtigung zahlreicher Sehenswürdigkeiten, wie die „Chinesische Mauer“ oder die „Verbotene Stadt“, vorgesehen.
Auch die Ausgewogenheit eines für europäische Chormusik repräsentativen Konzertprogramms ist gewährleistet. So hat Sperling für diese besonderen Auftritte neben den obligatorischen Vertretern der Renaissance, des Barocks, der Klassik und der Romantik auch „A little Jazz Mass“ von Bob Chilcott, „O Clap your hands“ von Douglas Coombes, ein „Ave Maria“ von Franz Biebl, und Rock-Pop-Bearbeitungen, wie „Happy“ von Pharell Williams und „Fix you“ von Coldplay, in seiner Auswahl berücksichtigt.
Unter der Überschrift „Glory to thee, my God“ singt der Mädchenchor am 6. Oktober um 20 Uhr im Rahmen der „Geistlichen Musik am Dreikönigenschrein“ Auszüge seines Konzertreiseprogramms für China mit Chormusik von Thomas Tallis, Bach, Mendelssohn-Bartholdy, Adalbert Gyrowetz, Vytautas Miskinis und Knut Nystedt. Der Eintritt ist frei.
Beatrice Tomasetti