Einsichten im Bauch eines Walfisches
Schulchor und Theater-AG führen Kindermusical „Sag niemals nie zu Ninive“ auf
„Ihr müsst Euer Bestes geben und so gut wie möglich sein. Bei der Generalprobe spielen wir einmal alles ganz durch, am besten ohne Unterbrechungen – wie an großen Opernhäusern auch.“ Eberhard Metternich, Leiter des Schulchores, schwört die Sängerinnen und Sänger der dritten und vierten Schuljahre in der Aula der Kölner Domsingschule auf einen möglichst fehlerfreien Durchlauf ein und gibt letzte musikalische Hinweise. Gleich also soll’s losgehen, bevor dann am Folgetag die Eltern eingeladen sind und sich anhören können, was ihre Kinder in den letzten Wochen fleißig Woche für Woche im Chor und in der Theater-AG geprobt haben.
Und im Ernstfall sollte dann auch klar sein, wann absolute Konzentration gefordert ist, es leiser oder lauter zugehen sollte oder die selbstgebastelten Häuserfassaden und Palmenbäume als bunte Farbtupfer eines phantasievollen Bühnenbildes, das mit wenig auskommt, aber dennoch von vielen originellen Ideen lebt, in die Höhe und für alle gut sichtbar gehalten werden müssen.
Mit „Sag niemals nie zu Ninive“ steht im Mittelpunkt der diesjährigen Musicalaufführung der Dritt- und Viertklässler die Geschichte des Propheten Jona und seines Dieners Schlomo. Dabei besteht die Herausforderung für die knapp 50 kleinen Sängerinnen und Sänger nicht nur darin, textsicher und rhythmisch auf den Punkt zu sein: Für einige der Kinder, die freiwillig und mit großer Begeisterung in der von Annette Riehm geleiteten AG mitmachen, geht es auch darum, in den Hauptrollen dieses Musiktheaters ihr szenisches Spiel mit kleinen solistischen Gesangseinlagen zu kombinieren. Für zwei Aufführungen – eine am Morgen und eine mittags – hat Riehm jeweils die Hauptrollen doppelt besetzt, so dass möglichst viele Kinder zum Einsatz kommen und dabei auch jeweils ihre Kostüme und den imaginären Schauplatz – Schlafgemach, Strand, Walfischbauch und Stadtzentrum – wechseln können. Das Hintergrundbild, für das die vielen Chorkinder die eigentlich Kulisse bilden, zeigt demnach mal die historische Stadtansicht Ninives, eine Wüstenlandschaft oder auch die stürmische See, in deren Wellen das Boot Jonas und die Schiffsbesatzung hin- und hergeschaukelt werden.
Mit einer großen Portion Humor, Charme und vielen originellen Ideen ist es Spielleiterin Annette Riehm und Kunstlehrerin Susanne Wetzler auch diesmal wieder gelungen, das Musical zu dem bekannten Stoff aus dem Alten Testament, das Düsseldorfer Kirchenmusiker „aus der Praxis für die Praxis“ gestaltet haben, umzusetzen. „Dabei suchen wir im Vorfeld die Geschichte jeweils gemeinsam mit den Chorleitern aus, prüfen, was gesangs-, aber auch bühnen- und zeittechnisch machbar ist“, erklärt Riehm. „Kostüme schöpfen wir oft aus unserem Fundus, der mit der Zeit angewachsen ist und in dem wir natürlich immer auch eine Menge orientalischer Gewänder aufbewahren, da es ja doch meistens biblische Geschichten sind, die wir erarbeiten.“ Manche Einfälle kämen ihr aber auch erst während der Proben, und so entwickele sich die Regiearbeit manchmal erst nach und nach und werde schließlich zu einem kreativen Prozess, bei dem immer noch etwas dazukommen kann.
Auch die Dekoration ist nicht immer gleich von Anfang an gesicherter Bestandteil der Bühne. „Viele der Requisiten kommen erst später dazu“, so Riehm. „Der halbe Hausrat für die Kulisse stammt von mir. Die Schriftrollen oder Steinkrüge sind allesamt aus eigenem Bestand.“ Es müsse schließlich nicht immer gleich etwas kosten, den nötigen Effekt herzustellen. „Aber die größeren, zum Stück passenden Bühnenelemente gestalten wir meistens neu. Das sind intensive Unterrichtsstunden, bei denen die Schüler mit Herzblut bei der Sache sind. Darzustellen, wie Jona im Bauch des Walfisches verschwindet, erfordert da schon außergewöhnlich viel Phantasie“, lacht die Konrektorin der Domsingschule. Darauf müsse man erst einmal kommen, lobt sie ihre Kollegin Wetzler, die zwei mit Kopf und Schwanz des großen Säugetiers bemalte Kartons durch ein großes graues Stück Stoff miteinander verbunden hat. Witzig sind auch manche Dialoge, die das Publikum zum Schmunzeln bringen sollen. „Vom ganzen Prophezeien bin ich ganz müde“, erklärt Protagonist Jona nämlich an einer Stelle, bevor er bei seinem Versuch, vor Gott zu fliehen, seine Lektion lernt. „Manch einer braucht eben länger, bis er es kapiert“, lautet prompt die schlagfertige Antwort, als er zu der Einsicht gelangt, dass der Aufenthalt in der Wüste, ebenso wie der im Bauch des Fisches und der Sturm auf der See ihm gelten.
„Stellt Euch immer so, dass das Publikum möglichst viel von Euch sieht“, lautet wiederholt eine Regieanweisung an die Kinder, die bei der nächsten Episode neu auf die Bühne kommen. „Und wenn Ihr als Büßer auftretet, passt ein Lächeln einfach gar nicht“, kritisiert Riehm.
„Vieles studieren wir ganz genau ein. Manches aber lebt auch von der Improvisation und dem Steggreifspiel. Dafür lasse ich immer ganz bewusst Raum. Kinder muss man dahin bekommen, dass sie selbst Ideen für ihr Spiel entwickeln, aus der einfacheren passiven in eine aktive Rolle wechseln“, erläutert die Pädagogin. „Manche Kinder müssen sich erst überwinden, aber andere überzeugen mit Gesten, die sie selbst einbringen, sofort. Und dann sieht man auch, dass ihnen ihr Auftritt vor großem Publikum viel Spaß macht“, erklärt Riehm. Dabei ist es ihr Part, zwar zu schauen, wer sich besonders zum Vortragen eignet, beispielsweise gut liest, sich für den aufmerksamen Souffleur eignet oder aber auch schon allein äußere Voraussetzungen für manche Figur mitbringt. Genauso gerne aber fördert sie die Kinder, die sich freiwillig melden und sich grundsätzlich zum Mitmachen bei einer der tragenden Rollen hochmotiviert zeigen und erst allmählich in ihre Aufgabe hineinwachsen. „Die Theater-AG ist ein zusätzliches Angebot an die Schüler. Da geht es vorrangig um Freude am Schauspielen. Und jeder, der will, findet hier seinen Platz“, betont Riehm.
Das Kinder-Musical von einem Team Düsseldorfer Kirchenmusiker unter der Leitung von Klaus Wallrath wird am 1. Juli um 8.10 Uhr und um 14.15 Uhr von den Schülern der dritten und vierten Schuljahre in der Aula der Domsingschule aufgeführt. Den Schulchor dirigiert Domkapellmeister Eberhard Metternich. Am Klavier begleitet Domkantor Oliver Sperling. Szenische Einstudierung: Annette Riehm; Requisite und Kostüme: Susanne Wetzler; Technik: Bernhard Walterscheid.
Beatrice Tomasetti